Nike Inc., einer der führenden Sportartikelhersteller der Welt, hat im Mai 2025 eine bedeutende Entscheidung getroffen: Die Rückkehr zum Direktvertrieb über Amazon in den USA. Nach einem sechsjährigen Rückzug vom weltgrößten Online-Marktplatz signalisiert diese Kehrtwende einen strategischen Kurswechsel. Dieser Beitrag beleuchtet die Hintergründe, Vorteile, Herausforderungen und die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Zusammenarbeit.
Nike im Überblick: Unternehmensprofil und Marktstellung
Gegründet 1964 (ursprünglich als Blue Ribbon Sports) und umbenannt in Nike im Jahr 1971, hat sich das Unternehmen als globale Ikone im Bereich Sportbekleidung, Schuhe und Ausrüstung etabliert. Mit Hauptsitz in Beaverton, Oregon, beschäftigt Nike weltweit rund 79.000 Mitarbeiter. Zu den Marken im Portfolio gehören neben Nike auch Jordan und Converse. Nike ist an der New Yorker Börse unter dem Kürzel NKE notiert.
Aktuelle Finanzkennzahlen: Umsatz und Gewinn im Überblick
Im Geschäftsjahr 2024 erzielte Nike einen Jahresumsatz von 51,4 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das lediglich ein Wachstum von einem Prozent. Der Nettogewinn betrug 3,29 Milliarden US-Dollar und lag damit deutlich unter dem Ergebnis von 5,7 Milliarden US-Dollar im Vorjahr. Im vierten Quartal lag der Umsatz bei 12,6 Milliarden US-Dollar, begleitet von einem Gewinn je Aktie von 0,99 US-Dollar.
Dividendenpolitik: Stabilität trotz Gewinnrückgang
Trotz des Rückgangs beim Gewinn setzt Nike seine Aktionärspolitik fort. Die vierteljährliche Dividende wurde im November 2024 um acht Prozent auf 0,40 US-Dollar je Aktie erhöht. Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei rund 2,5 Prozent. Die Ausschüttungsquote von über 50 Prozent zeigt, dass das Unternehmen seine Aktionäre trotz operativer Herausforderungen im Blick behält.
Rückkehr zu Amazon: Die strategische Neuausrichtung
Nike hatte 2019 die direkte Zusammenarbeit mit Amazon beendet, da das Unternehmen die Kontrolle über Produktdarstellung, Preisgestaltung und den Verkauf durch Drittanbieter als unzureichend empfand. Die Plattform war überschwemmt mit Fälschungen und nicht autorisierten Händlern. 2025 nun die Kehrtwende: Nike kehrt kontrolliert zurück auf Amazon – ein Schritt, der für beide Unternehmen strategische Bedeutung hat.
Vorteile für Nike durch die Zusammenarbeit mit Amazon
Durch den Direktvertrieb über Amazon erhält Nike Zugang zu einer riesigen Kundenbasis. Amazon zählt in den USA zu den meistgenutzten Online-Plattformen und ermöglicht eine enorme Reichweite, insbesondere bei jüngeren und weniger markentreuen Käufern.
Darüber hinaus profitiert Nike von Amazons effizienter Logistik. Der Versand über „Fulfillment by Amazon“ ermöglicht schnelle Lieferungen, optimierte Lagerhaltung und einen verbesserten Kundenservice. Zudem reduziert der direkte Verkauf das Risiko von Fälschungen und Graumarktprodukten, da Nike mehr Kontrolle über den Vertrieb behält.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Skalierbarkeit: Neue Produkte oder Promotions lassen sich schnell und breitflächig platzieren, ohne zusätzliche Infrastrukturkosten.
Herausforderungen und Risiken der Amazon-Strategie
Amazon ist bekannt für seine Preistransparenz. Kunden vergleichen Produkte aggressiv, was zu einem Margendruck führen kann. Nike muss seine Preispolitik sorgfältig abstimmen, um den Spagat zwischen Erreichbarkeit und Premium-Positionierung zu meistern.
Ein weiterer kritischer Punkt ist das Markenimage. Amazon bietet keine personalisierte Markeninszenierung wie der eigene Online-Shop. Das hochwertige Markenbild könnte unter der standardisierten Darstellung leiden.
Zudem birgt eine starke Abhängigkeit von Amazon das Risiko, von Änderungen in den Plattformrichtlinien oder Suchalgorithmen betroffen zu sein.
Analystenmeinungen: Zurück auf Erfolgskurs?
Die Analysten bewerten die strategische Neuausrichtung größtenteils positiv. Insgesamt 33 Analysten haben die Aktie bewertet, davon sprechen sich 19 für „Kaufen“, 12 für „Halten“ und nur 2 für „Verkaufen“ aus. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 73 US-Dollar, was einem Kurspotenzial von über 20 Prozent entspricht.
Viele Experten sehen in der Amazon-Kooperation eine notwendige Antwort auf die Stagnation im eigenen E-Commerce-Geschäft. Die Plattform bietet kurzfristige Umsatzimpulse und mittelfristig eine stabilere Marktpräsenz im digitalen Handel.
Mittelfristige Aussichten: Zwischen Anpassung und Expansion
Für das Geschäftsjahr 2025 erwartet Nike laut Prognosen einen leichten Umsatzrückgang im niedrigen einstelligen Bereich. Für das erste Quartal wird sogar ein Rückgang von etwa zehn Prozent prognostiziert. Diese Zahlen spiegeln die momentane Konsumzurückhaltung wider, aber auch strukturelle Herausforderungen im Onlinevertrieb.
Trotzdem bleiben die langfristigen Perspektiven positiv. Nike besitzt eine starke Marke, ein solides Produktportfolio und nun wieder einen erweiterten Zugang zu einer der wichtigsten digitalen Verkaufsplattformen weltweit.
Fazit: Ein Balanceakt mit Potenzial
Die Rückkehr von Nike auf Amazon stellt einen wichtigen Schritt dar, um verlorenes Online-Wachstum zurückzugewinnen und sich im digitalen Handel neu zu positionieren. Die Vorteile überwiegen, wenn es gelingt, das Markenbild auf Amazon zu bewahren und gleichzeitig Umsatz- und Reichweitenziele zu realisieren.
Nike zeigt damit eine neue Offenheit für hybride Vertriebsmodelle. Für Investoren, Marktbeobachter und Kunden dürfte diese Entwicklung ein spannender Wendepunkt in der E-Commerce-Strategie des Konzerns sein.
